Ergebnisse
der Diskussionsveranstaltung

Wer war Franz Tumler?

Ein Schriftsteller zwischen Ideologie und Moderne

Samstag, 22.03.2014
von 14.00 bis 17.00 Uhr

Laas – Bibliothek Franz Tumler

 

Kurzreferate

  • Dr. Hans Heiss – Historiker (Brixen)
    „Die Annexionspolitik Deutschlands und Italiens vor dem Zweiten Weltkrieg“
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  • Univ. Prof. Dr. Johann Holzner – Literaturwissenschaftler (Innsbruck)
    „Ideologie und Ideologiekritik in den Schriften Franz Tumlers“
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Diskussion

Organisation:

Gemeinde Laas in Zusammenarbeit mit dem Bildungsausschuss Laas, Bibliothek Laas und dem Südtiroler Künstlerbund/Literatur

Franz Tumler

eigentlich Franz Ernest Aubert Tumler

* 16. Januar 1912 in Gries bei Bozen
+ 20. Oktober 1998 in Berlin

war ein österreichischer Schriftsteller mit starkem Südtirolbezug.

Leben

Franz Tumler wurde 1912 in Bozen als Sohn des Gymnasiallehrers Franz Tumler (1878 - 1913) und dessen Ehefrau Ernestine geb. Fridrich geboren. Nach dem Tod des Vaters zog die Mutter mit ihren zwei Kindern 1913 nach Linz. Tumler besuchte dort die Volks- und Bürgerschule sowie das Bischöfliche Lehrerseminar. Nach dem Abschluss seiner Lehrerausbildung war er von 1930 - 1934 Volksschullehrer in Paura und von 1934 - 1938 in Buchkirchen/Wels. Bereits ab 1935 ließ er sich zeitweise beurlauben, um in Bozen und Wien Zeit für seine schriftstellerischen Arbeiten zu haben.

In der Mitte der 1930er Jahre schrieb Franz Tumler Erzählungen und Gedichte, die dem Geist nationaler und völkischer Literatur der Zeit nicht nur in Österreich und Deutschland, sondern auch in Südtirol nahestanden. Seine Werke erreichten bis zum Ende des Dritten Reiches eine Gesamtauflage von etwa 300.000 Exemplaren. 1938 quittierte Tumler den Schuldienst. Nach der  Heirat mit Susanne Lühr zog er 1939 nach Hagenberg in Oberösterreich. Er war befreundet mit Autoren wie Gertrud Fussenegger und Josef Weinheber. Tumler war Mitglied der NSDAP und veröffentlichte unter anderem in der von Paul Alverdes und Benno von Melchow herausgegebenen „Zeitschrift für Dichtung, Kunst und deutsches Leben“ „Das Innere Reich“. 1941 meldete sich Franz Tumler freiwillig zum Dienst in der Marineartillerie und geriet bei Kriegsende für kurze Zeit in Kriegsgefangenschaft.

Nach 1945 nahm Franz Tumler seine Lehrertätigkeit nicht wieder auf, sondern setzte seine Existenz als freier Schriftsteller fort. Ab 1949 lebte er in Altmünster am Traunsee, seit 1954 war sein Hauptwohnsitz West-Berlin, ohne seine österreichische Staatsbürgerschaft aufzugeben. In Berlin fand er Anschluss an die junge deutsche Literatur der 1950er Jahre, so nahm er an mehreren Tagungen der Gruppe 47 teil und freundete sich mit Gottfried Benn an. In den 1950er und 1960er Jahren entstanden Tumlers bedeutendste Romane, Erzählungen und Essays, so „Der Mantel“ (1959), die Romane „Der Schritt hinüber“ (1956) und „Aufschreibung aus Trient“ (1965) sowie die Essays „Volterra“ und „Wie entsteht Prosa“ (1962). Franz Tumler gehörte seit 1959 der Berliner Akademie der Künste an und war von 1967 bis 1968 Direktor und von 1968 bis 1970 stellvertretender Direktor ihrer Literaturabteilung. Er war außerdem korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste in München und des PEN-Zentrums der Bundesrepublik Deutschland. Nach der Scheidung von seiner Frau Susanne heiratete er in den 1990er Jahren Sigrid John.

Franz Tumler starb nach langer Krankheit am 20. Oktober 1998 in Berlin.

Würdigung

Franz Tumler war in der ersten Phase seines literarischen Schaffens ein Sympathisant der NS-Ideologie. Zu jener Zeit waren seine Werke stilistisch stark von Adalbert Stifter beeinflusst und hatten, wie auch später häufig, seine Südtiroler Heimat zum Schauplatz. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich Tumler in einigen zeitgeschichtlichen Romanen mit dem Dritten Reich auseinander, was zu seiner allmählichen Rehabilitation bei der zeitgenössischen Kritik führte. Ende der 1950er Jahre nahm Tumlers Skepsis gegenüber der herkömmlichen, realistischen Literatur zu, er wandte sich von der Position des allwissenden Erzählers ab und ging über zu einer von der literarischen Moderne, vor allem vom Nouveau roman beeinflussten, Erzählweise. Nach einem Schlaganfall 1973 veröffentlichte Tumler nur noch sporadisch neue, vorwiegend lyrische Arbeiten und geriet daher bei der literarischen Öffentlichkeit weitgehend in Vergessenheit. Spätestens seit den 1990er Jahren hat jedoch eine Neuentdeckung eingesetzt, und heute gilt Tumler als bedeutender Autor sowohl der Südtiroler als auch der österreichischen Nachkriegsliteratur. Zu seinen Ehren wurde der Franz-Tumler-Literaturpreis benannt.

Auszeichnungen und Ehrungen

  • 1940 Preis der Reichshauptstadt Berlin
  • 1942 Sudetendeutscher Schrifttumspreis
  • 1956 Charles-Veillon-Preis für Der Schritt hinüber
  • 1961 Ehrenpreis des Bundesverbandes der deutschen Industrie
  • 1967 Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste
  • 1969 Adalbert-Stifter-Medaille
  • 1970 Arbeitsstipendium der Villa Serpentara
  • 1971 Adalbert-Stifter-Preis
  • 1981 Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst I. Klasse
  • 1982 Würdigungspreis des Landes Tirol
  • 1982 Andreas-Gryphius-Preis
  • 1985 Walther-von-der-Vogelweide-Preis
  • 1985 Verdienstkreuz des Landes Tirol
  • 1987 Österreichisches Bundesverdienstkreuz "Litteris et Artibus", I. Klasse ("Professor h.c.) verliehen in der österreichischen Residenz, Berlin
  • 1991 Premio ITAS 1991 di Letteratura di Montagna „Premio d'Onore“, Trient
  • 1992 Kunstwürdigungspreis der Stadt Linz