Sankt Markus

tl_files/tumler/images/laas_stmarkus.jpg„.......sollte es nothwendig sein, die St. Markuskirche abzutragen, bevor der Bau der neuen Pfarrkirche vollendet wird, so lässt sich dagegen nichts einwenden, und das Ordinariat gibt sich die Ehre dazu seine Zustimmung zu geben...“ . So antwortet das fürstbischöfliche Ordinariat von Trient am 1. Februar 1847 dem k.k. Kreisamt Bozen auf den Antrag „die schon längst nicht mehr in Verwendung stehende Markuskirche“ abzureißen und dort das Wirtschaftsgebäude für den neuen Widum zu errichten. Sie sollte, wenn möglich, nur noch während der Umbau- und Erweiterungsarbeiten an der St. Johannes Kirche stehen bleiben, um hier inzwischen die Gottesdienste abhalten zu können.

Durch mehrere glückliche Umstände ist uns St. Marx erhalten geblieben, ein kunsthistorisches Kleinod, das immer noch Rätsel aufgibt: Wer war der Auftraggeber für den Bau dieser großen Kirche, wem verdankt sie das ungewöhnliche Patrozinium? Bei Grabungen im Zuge der Sanierungsmaßnahmen in den Jahren 2000/2001 wurde versucht, der Vergangenheit auf die Spur zu kommen. Sie brachten ein unerwartetes Ergebnis: Der verantwortliche Archäologe des Landesdenkmalamtes, Hans Nothdurfter, stieß auf die Grundmauern der Vorgängerkirche aus dem 7. Jahrhundert, die eine Gesamtbreite von sechs Metern gehabt haben dürfte. Der Innenraum wurde restauriert und der ursprüngliche Raumeindruck, mit Ausnahme der eingezogenen Flachdecke, weitgehend wieder hergestellt.

 


„Die Kirche ist in zwei Teile geteilt“, stellte der Archäologe fest. Teils konnten noch der originale Estrich, sowie der Steinboden aus der Romanik freigelegt werden. Rätselhaft blieb die Funktion der vorgeschobenen Trennmauer bei der Apsis. Von der Apsis bis zur Gruft dürften die Mauern aus der Bauzeit der Kirche um 1130 stammen. Das Gotteshaus wurde aus rotem Sandstein aus Allitz errichtet, nur im Bauhorizont finden sich Splitter von Laaser Marmor. Um 1400 wurde westlich das gewölbte Beinhaus hinzugefügt. Dieses „Painhauß oder Todtengrufft unter Sanct Marxkürchen“ (so aus dem Urbar der Kirche von 1753) musste an gewissen Abenden bzw. Nächten das ganze Jahr hindurch beleuchtet werden. Dazu war der Inhaber des so genannten „Liechtackers“ verpflichtet worden. Die kleine Krypta blieb, Aufzeichnungen vom Beginn des 20. Jahrhunderts zufolge, auch nach der Profanierung in josephinischer Zeit noch länger „eine Andachtsstätte frommer Beter“. Im Jahre 1880 wurde die St. Markuskirche der k.k. Fachschule für Steinbearbeitung zur Verfügung gestellt. Dafür wurden die großen Fensterausbrüche gemacht und die Kirche in zwei Stockwerke unterteilt. Seither diente sie unterschiedlichsten Zwecken.

 

St. Marx ist ein einmaliges Zeugnis aus romanischer Zeit. Die Kirche verblieb in ihren Grundzügen so, wie sie erbaut wurde: Exakt geschichtete Quadersteine, unverputzt und mit interessanter Innengliederung. Die senkrecht stehenden Eckquader geben uns die Bauzeit von 1120-1130 ziemlich genau an, denn nur in dieser relativ kurzen Phase wurde auf so ungewöhnliche Weise gebaut. Dies alles macht die Markuskirche zu einem architektonischen Juwel, so die Fachleute.

 


Die Frage nach dem Stifter, welcher auf den Grundmauern der frühmittelalterlichen Kirche diesen, für die damalige Zeit verhältnismäßig großen Bau aufführen ließ, muss unbeantwortet bleiben. Es war sicher ein ranghoher Mann, vielleicht ein Bischof oder ein Graf, wahrscheinlich aus welfischem Geschlecht oder ein Vogt derselben. (Die Grafen Ronsberg?). Wenig später scheinen Macht und Einfluss des Auftraggebers geschwunden zu sein, er zog sich zurück und hinterließ seine Kirche unfertig der Nachwelt. Unbekannt sind auch die Gründe für die Wahl des hl. Markus als Kirchenpatron hier in Laas. Vielleicht verdankt dieses Patrozinium, das einzige im Land, sein Dasein dem Handelsverkehr mit Venedig, was uns wieder auf die Welfen und ihre wirtschaftspolitischen Verbindungen zu Ober- und Mittelitalien verweist.

 

Bei den Arbeiten des Landesdenkmalamtes wurde an der Innenseite der Nordwand ein gotisches Fresko freigelegt. Es stellt die thronende Muttergottes, umgeben von musizierenden Engeln im Architekturrahmen, dar und dürfte um 1400 auf die weiterhin steinsichtige romanische Innenwand aufgetragen worden sein. Spärliche Farbreste spätmittelalterlicher Wandmalereien kamen auch an der Südwand zum Vorschein. Nun ist die Gemeindeverwaltung dabei, die Markuskirche nach einem Konzept von Architekt Werner Tscholl für eine Mehrfachnutzung herzurichten. Die Innenstruktur bleibt vollständig erhalten, die Apsis mit dem Altarbereich erhält eine Lichtversorgung, der Kirchenraum wird mit einem Stahlboden versehen, so werden die freigelegten Bodenschichten erhalten und geschützt. Eine mobile Bestuhlung soll die einzige Einrichtung bleiben. So kann dieses einmalige Kleinod in seiner ursprünglichen Form bestehen bleiben und wird dennoch einer Nutzung zugeführt.

Gertraud Tappeiner